068 Früher dachte ich… heute weiß ich: 5 Huf-Fehler, die ich nie wieder mache
Shownotes
Früher habe ich vieles einfach hingenommen oder gutgemeinten Tipps vertraut. Heute weiß ich: Hufgesundheit ist kein Zufall. In dieser Folge erfährst du die 5 größten Fehler, die ich bei der Hufbearbeitung gemacht habe – und was ich daraus gelernt habe.
- Symptome statt Ursachen behandeln
Strahlfäule mit Mitteln zu bekämpfen, ohne Haltung oder Hufbearbeitung zu hinterfragen, funktioniert nicht. Meistens sind es abgedrückte Drüsen oder zu viel Horn, die den Strahl schwächen – kein „Pech“ oder „Dreck“.
- Haltung unterschätzen
Über 50 % der Hufbearbeitung passiert nicht am Hufmesser, sondern 24/7 im Stall. Untergrund, Bewegung, Herdenkonstellation – all das bestimmt, ob dein Pferd gesunde Hufe entwickeln kann.
- Den Hufmechanismus blockieren
Beschläge und Klebebeschläge verringern die Durchblutung im Huf. Das lindert vielleicht Symptome, verhindert aber Heilung. Ohne Hufmechanismus fehlt dem Pferd ein entscheidender Kreislauf-Impuls fürs ganze Herz-Kreislauf-System.
- Abrieb & Mechanik ignorieren
Wenn nach 4–6 Wochen jedes Mal ein halber Zentimeter Huf weg muss, passt etwas nicht. Zu weicher Boden, zu wenig Bewegung oder ein High-Low-Fehler lassen sich nicht „wegfeilen“. Der Untergrund muss zum Huf passen – Ponys brauchen zum Beispiel besonders harten Boden.
- Mythen glauben & wegdelegieren
„Das ist halt vererbt“, „der hat halt solche Hufe“… Solche Sätze sind gefährlich. Vieles entsteht durch Aufzucht, Haltung und fehlende Dokumentation. Heute dokumentiere ich jede Bearbeitung mit Fotos und bespreche nach 6 Monaten die Entwicklung – nur so erkennst du, ob echte Veränderung passiert.
✨ Mein wichtigstes Learning: Frage dich immer: Bin ich gerade in der Heilung oder in der Symptombekämpfung?
Wenn du diesen Unterschied verinnerlichst, werden sich die Hufe deines Pferdes – und seine gesamte Gesundheit – verändern.
📌 Links & Ressourcen
Weitere Episoden zur Hufgesundheit: 005 Hufbearbeitung vs. Haltung 009 Hat dein Pferd einen Hufmechanismus 016 Pferdehaltung und warum mit dieser alles steht und fällt 020 Hufrollen-Entzündung! Was ist das eigentlich und wie wird man sie los?! 028 Teufelskreis Hufrehe oder ein "easy" Fix
Infos & Anmeldung zum nächsten Basisseminar (18.–19. Oktober in Gerasdorf bei Wien): https://hufwissen.com/hufseminar/
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Transkript anzeigen
Hufgeflüster – Folge: 068 Früher dachte ich… heute weiß ich: 5 Huf-Fehler, die ich nie wieder mache
Hello, hello und herzlich willkommen beim Hufgeflüster Podcast. Mein Name ist Robina Michelic – schön, dass du da bist.
Ich habe diese Miniserie gestartet, damit dir und deinem Pferd Fehler erspart bleiben, die ich selbst gemacht habe. Viele meiner Entscheidungen basierten auf gut gemeinten Ratschlägen von Menschen, die es lieb meinten, aber es nicht besser wussten. Damit dir das nicht passiert, gibt es diese kurzen, knackigen Folgen. Ein Buch ist übrigens auch in Arbeit – es wird meine Wissensbibliothek bündeln, das dauert aber noch ein wenig.
Heute geht es um die Hufe. Wenn du mich noch nicht kennst: Ich bin auch Barhufbearbeiterin – ungeplant. Handwerklich bin ich nicht die Geborene, deshalb habe ich mir die Umsetzung mit vielen Extra-Übungen erarbeitet. Der Grund, warum ich Barhufbearbeiterin geworden bin, hat mehrere Teile. Der wichtigste: Mein erstes Pferd, mein Herzenspferd, hatte auf allen vier Hufen eine diagnostizierte, chronische Hufrollenentzündung. Damals wusste ich nicht, dass man das – abseits seltener Vergiftungen – mit physiologischer Bearbeitung und, vor allem, mit der Haltung an der Ursache auflösen kann. Ich behandelte mit Medikamenten, weil ich es nicht besser wusste. Das hat viel Geld gekostet und meinem Pferd unnötig Leid gebracht.
Als ich später Orlando gekauft habe, gab es natürlich eine Ankaufsuntersuchung mit Huf-Röntgenbildern. Die Aussage war: „Alles gut.“ Zufällig fand im Stall eine Huf-Fortbildung mit dem wunderbaren Patrick Spieleder statt. Für mich ist er – geprägt von Dr. Hiltrud Strasser, die als Erste Hufe von innen heraus vermessen hat – eine Koryphäe. Patrick hat Orlando die Hufe geschnitten und meinte sofort: „Die Hufe sind problematisch.“ Ich war irritiert: Der Tierarzt sagte „alles gut“, Patrick sagte „da stimmt etwas Grundlegendes nicht“.
Dann musste ich den Stall aus mehreren Gründen wechseln. Für Orlando wurde die Haltung schlechter – mit dramatischen Auswirkungen auf die Hufe. Ich wollte Patrick gern wieder holen, aber die Anfahrt war zu weit. Also organisierte ich ein Basisseminar mit ihm und nahm selbst teil. Und da wurde ich richtig wütend: Wie kann so wichtiges Wissen nicht draußen sein? Wie kann es sein, dass Hufrollenentzündungen so behandelt werden, wenn man die Ursache abstellen und heilen kann?
Aus dieser Mischung aus Verantwortung und Wut habe ich die zweijährige Fortbildung begonnen. Ursprünglich nur, damit ich es im Notfall für mein eigenes Pferd kann. Später wurde daraus ein Angebot – heute bearbeite ich Hufe sehr selektiv. Denn ich kann nicht alle sechs Wochen mit dem Messer kompensieren, was 24/7 in der Haltung passiert. Ich arbeite mit Hufdokumentationen: Vorher-/Nachher-Fotos bei jedem Termin, nach sechs Monaten eine Besprechung der Entwicklung. Wenn sich die Hufe nicht in Richtung gesunder, physiologischer Form und funktionierendem Hufmechanismus entwickeln, klären wir die Ursachen und Maßnahmen. Danach gibt es drei Monate zur Umsetzung – ohne Verbesserung beende ich die Begleitung. Das habe ich aus Erfahrung gelernt.
Und so bin ich ins Thema Hufe hineingewachsen. Heute weiß ich, was ich früher falsch gemacht habe – und welche gut gemeinten Tipps schlicht nicht fundiert waren. In dieser Folge geht es nicht um alle Details, sondern um das Denken dahinter: nicht Symptome bekämpfen, sondern die Ursache verstehen.
Ein Beispiel: Strahlfäule. Da wird sofort nach „welchem Mittelchen“ gefragt. Überleg zuerst, warum Strahlfäule überhaupt entsteht. Neben dem Strahl verlaufen Drüsen, vergleichbar mit Schweißdrüsen, die den Strahl gegen Bakterien schützen. Steht ein Pferd dauerhaft in Ammoniak oder Nässe, sind diese Drüsen irgendwann überfordert. Viele Pferde haben das heute aber nicht – und trotzdem Strahlfäule. Oft werden die Drüsen schlicht abgedrückt: durch hartes, überstehendes Horn (häufig Strahl- oder Eckstrebenhorn), das härter ist als Sohlenhorn. Dann kann der Strahl seinen Job nicht machen. Für mich ist Strahlfäule deshalb primär ein Thema von Haltung und Bearbeitung – nicht von Tinkturen.
Ähnlich bei Hufrehe. In einem akuten Vergiftungsfall (z. B. hochtoxische Aufnahme, retinierte Nachgeburt) sind in der Regel alle vier Hufe betroffen. In der Praxis sehe ich jedoch viel häufiger Rehe vorn – das ist meist eine mechanische Rehe. Dann fehlt es an passender Haltung und Bearbeitung: zu wenig Bewegung, zu weicher Untergrund, zu wenig Abrieb. Wenn ich alle 4–6 Wochen jedes Mal „einen halben Zentimeter“ wegnehmen muss, stimmt etwas Grundsätzliches nicht. Untergrund und Bewegung müssen zum Pferd passen. Grundregel: harter, strukturierter Untergrund ist wichtig – nicht nur für Abrieb, sondern für den Hufmechanismus, der wiederum die Rückführung des Blutes zum Herzen unterstützt. Ab dem Karpalgelenk gibt es keine Muskulatur mehr – jeder Schritt ist Pumpbewegung. Blockierst du den Hufmechanismus (z. B. durch Beschlag oder manche Klebebeschläge), verringerst du die Durchblutung: Das ist Symptombehandlung, keine Heilung.
Natürlich gibt es rassetypische Unterschiede. Pferde mit sehr breiten, flachen Hufen kommen oft besser mit etwas „nachgiebigem“ Boden zurecht, während kleine, kompakte Hufe sehr harten Untergrund brauchen. Ponys kämpfen deshalb so häufig mit Rehe: wenig Gewicht, oft zu weiche Flächen, zu wenig Abrieb – da muss man bei Untergrund und Management sehr bewusst planen. Vieles lässt sich auch auf kleiner Fläche lösen: mit passendem Trail-Management, Bewegungsanreizen und gezieltem Bodendesign.
Ganz wichtig ist mir auch: Mythen zu hinterfragen. „Der hat halt solche Hufe“, „das ist vererbt“… Oft wachsen Linien gleich auf (gleicher Untergrund, gleiche Fütterung, gleiche Aufzucht) – dann wirken Probleme „vererbt“, sind aber tatsächlich anerzogen/angewöhnt. Ja, es gibt individuelle Tendenzen, aber im Großen und Ganzen ist Haltung das Zünglein an der Waage. Frage dich immer: *Warum ist das so?* Zwanghufe, Risse im Tragrand, wiederkehrende Beulen – das sind Mechanik‑ und Druckthemen. Beispiel aus der Praxis: Ein dauerhafter Seitenriss „weil er sich einmal verletzt hat“ war nach zwei Bearbeitungen weg, als wir den seitlichen Überdruck nahmen und die Eckstrebe passend koregierten.
Ein paar Worte zur Praxis: Ich verurteile niemanden, der sich zeitweise für Symptombehandlung entscheidet. Ich möchte nur, dass du bewusst entscheidest. Ein über 30‑jähriges Pferd würde ich nicht plötzlich auf eine komplett neue, physiologische Bearbeitung umstellen, wenn es damit zum ersten Mal seit Jahren „alles unten“ spürt – das kann mehr schaden als nützen. Ein sechsjähriges Pferd hat hingegen das ganze Leben vor sich – da lohnt sich der Weg in Richtung Ursache und Heilung.
Mein Leitgedanke für dich: **Frag dich bei jeder Maßnahme: Bin ich gerade in der Heilung – oder in der Symptombekämpfung?**
Wenn dich das Thema tiefer interessiert: Es gibt frühe Episoden zum Hufmechanismus, zu Haltung & Abrieb und zu Hufrollen-Themen – ich verlinke sie dir in den Shownotes. Und wenn du das Fundament wirklich verstehen willst: Ich organisiere regelmäßig Basisseminare. Das nächste findet am 18. und 19. Oktober 2025 in Seyring, nördlich von Wien, statt. Dort lernst du, gesunde Hufe zu erkennen, Funktionen zu verstehen und Haltung als 50 % der „Bearbeitung“ zu denken. Kein Wochenend-Zauberkurs zum „Hufe machen“, sondern solides Grundwissen mit Fotos, Praxisbeispielen und Umsetzungstipps.
Wenn du Fragen hast oder Themenwünsche – schreib mir gern. Wir hören uns in zwei Wochen – oder wir sehen uns beim Hufkurs. Alles Liebe!
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