067 Warum harte Methoden selten halten – Faszien erklärt mit Liza Kimble
Shownotes
Warum harte Methoden selten halten – Faszien erklärt mit Liza Kimble
In dieser besonderen Folge von Hufgeflüster habe ich eine meiner Mentorinnen zu Gast: Liza Kimble. Für mich ist sie eine der Pionierinnen in der Faszienwelt – und sie zeigt eindrucksvoll, warum Sanftheit in der Körperarbeit so viel wirkungsvoller ist als Druck oder Schmerz.
Wir sprechen darüber, wie Faszien mit dem autonomen Nervensystem verbunden sind, warum harte Methoden oft nur kurzfristig wirken und sogar neues Trauma setzen können – und wie du als Pferdebesitzer:in schon mit kleinen Schritten Großes bewirken kannst.
👉 Nach dieser Episode wirst du Faszienarbeit mit ganz anderen Augen sehen – und verstehen, warum Sanftheit der Schlüssel zu echter Entspannung ist.
Darum geht es in dieser Folge:
Wie Liza vom harten, schmerzhaften Arbeiten zur sanften Faszienmethode gefunden hat
Was die Forschung über Faszien und ihre Rezeptoren zeigt – und warum Druck kontraproduktiv ist
Warum das Nervensystem Sicherheit braucht, damit Heilung überhaupt möglich wird (Polyvagal-Theorie)
Woran du erkennst, dass dein Pferd Schmerzen hat (Stichwort: Pain Face)
Warum Narbenarbeit so wichtig ist – und wie sanfte Berührung selbst bei alten Narben Veränderung bringt
Bauch und Rücken: warum du sie niemals getrennt voneinander betrachten solltest
Kleine Alltagstipps für Pferdebesitzer:innen, um das Fasziennetz deines Pferdes gesund zu halten
Liza’s Botschaft an alle: Vertraue deiner eigenen Intuition – du kennst dein Pferd am besten
Kapitelmarken:
00:00 – Vorwort & Special-Angebot 02:10 – Wie Liza zur Faszienarbeit kam 05:40 – Forschung & neue Erkenntnisse 08:40 – Nervensystem, Trauma & Sicherheit 14:40 – „Pain Face“: Schmerzen erkennen 18:45 – Sanft berühren statt hart drücken 23:00 – Narbenarbeit bei Pferd & Hund 24:30 – Bauch und Rücken gehören zusammen 28:40 – Intuition & Vertrauen in dein Gefühl 29:40 – Abschlussgedanken
Erwähnte Links:
🔗 Liza Kimble: lizakimble.com
🔗 Polyvagal-Theorie: polyvagalinstitute.org
🔗 Ivana Ruddock: ivanaruddock.podia.com
🔗 Gil Hedley (Vagusnerv-Dissektion): gilhedley.com
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✨ „Mit dem Tempo deines Pferdes. Mit deinem Tempo.“
Transkript anzeigen
Hufgeflüster – Folge: 067 Warum harte Methoden selten halten – Faszien erklärt mit Liza Kimble
RUBI:Hallo und herzlich willkommen zum Podcast Hufgeflüster. Mein Name ist Rubina Michelic – du kannst mich aber gerne Rubi nennen. Ich freue mich riesig, dass du heute da bist.Heute geht es um ein super spannendes Thema, das es in der klassischen, östlich-asiatischen Medizin – meinem Fundament – seit Jahrtausenden gibt und das die Wissenschaft inzwischen zunehmend bestätigt. Gleichzeitig ist es auch aus rein wissenschaftlicher Sicht ein hochinteressantes Feld.Ich habe heute eine meiner Mentorinnen eingeladen: eine ganz besondere Frau – Liza Kimble. Liza, so schön, dass du da bist!
LIZA:Danke dir für die Einladung!
RUBI:Ich finde es spannend, dass du – für mich eine Koryphäe – im Mainstream oft noch zu wenig bekannt bist. Wenn ich mit „Experten“ rede und sie deinen Namen nicht kennen, denke ich mir: Wie kann man Liza nicht kennen? Ich habe dazu sogar eine eigene Episode gemacht: Die echten Ursprungs-Koryphäen sind selten berühmt, weil sie in ihrem Fach so tief drin sind – Marketing fällt da oft unter den Tisch. Du warst bei den frühen Faszien-Sezierungen dabei, bevor „Faszien“ überhaupt zum Mainstream-Begriff wurden. Wie bist du dazu gekommen?
LIZA:Das war spannend. Ich habe damals hauptsächlich mit Menschen gearbeitet – und wir haben sehr hart gearbeitet. (Ich komme aus Südafrika, entschuldige meinen Akzent.) In meiner Praxis wurde früher kräftig, mit viel Druck massiert. Ich bin heute froh, dass ich das in dieser Zeit nicht bei Pferden gemacht habe.Mich haben Meridiane und Akupunktur schon früh fasziniert. Mit 19 habe ich einen Laser-Akupunktur-Kurs gemacht – sehr sanft, das war wunderbar.Faszienmassage habe ich damals aber so gelernt, dass wir danach blau und gestreift waren. Zum Glück kannte ich schon Tension/Trauma Release Exercises (TRE) – zwei Jahre zuvor gelernt – und habe gemerkt, wie furchtbar mein Körper auf diese harten Behandlungen reagiert: Ich war im Schockzustand. Ja, wir sahen kurzfristige Effekte – aber der Fokus kam aus der Arbeit mit Olympia-Athleten. Für Athleten ist Schmerz fast „normal“. Für den normalen Körper ist das furchtbar – und die Wirkung hielt nur ein paar Tage.Die Basis meiner Arbeit ist das Thema Trauma. Zu hart, zu viel, zu schmerzhaft – das verstärkt Trauma.2014 war ich bei der ersten Fascia Summer School in Ulm, mit Robert Schleip, Prof. Carla Stecco und vielen anderen. Wir haben seziert und die neue Forschung kennengelernt. Endlich wurde über Rezeptoren und die Hochsensibilität der Faszie gesprochen. Da wurde klar: Hart und schwer macht keinen Sinn.Es gibt immer noch Menschen, die so arbeiten. Ich bin froh, dass ich es durch meine eigenen Körpererfahrungen anders mache. Viele reden sich ein, es müsse weh tun – aber Schmerz ist kein Qualitätsmerkmal. Es hilft kurz, ist aber zu schmerzhaft und nicht sinnvoll.Neue Forschung zeigt: 48 Stunden nach Stress oder Trauma versteift sich die Faszie – und der Ursprung ist eng mit dem autonomen Nervensystem verbunden. Wenn das Nervensystem keine Sicherheit („Safety“) empfindet, halten manuelle Therapien nicht nachhaltig. Wenn wir verstehen, wie sensibel Faszie ist, macht Sanftheit plötzlich Sinn.
RUBI:Absolut! Ich habe aus demselben Grund zu dir gefunden. Vor etwa fünf Jahren war ich in einer Ausbildung für brutale Faszienmassage – ich bekam nach jeder Anwendung Migräne. Mir wurde gesagt: „Das ist normal, dein Körper ordnet sich neu.“ Ich wollte ursprünglich nur mit Pferden arbeiten, begann bei dir mit den Pferde-Modulen, aber in dieser Phase hatten viele Menschen Themen – also holte ich mir ein Menschen-Zertifikat. Ich dachte: Ich lerne das für Menschen und übertrage es auf Pferde.Doch ich merkte: Bei Pferden hielten die Veränderungen viel länger. Zuerst dachte ich: „Menschen stressen sich danach wieder rein.“ Dann war ich in deiner Fortbildung – und mir wurde klar: Wir geben dem Körper Zeit. Nach sanfter, langsamer Arbeit kann der Körper verstehen, dass der Stress weg ist – dann löst sich Anspannung nachhaltig. Wenn du hingegen gestresst bist und dem Körper sagst: „Entspann dich!“ – sitzt du gleich wieder verspannt im Auto.Ich sage meinen Kund:innen heute: „Kein guter Schmerz.“ Gute Arbeit folgt dem Tempo des Körpers.
LIZA:Genau. Das autonome Nervensystem erkennt bei Schmerz einen Trigger – es fühlt sich unter Angriff und reagiert. Bei Athleten ist es komplex: Sie gehen ohnehin über das eigene Tempo, brauchen schnelle Ergebnisse und haben wenig Downtime. Das gleiche kennen wir bei Leistungspferden. Solche Pferde mit dieser sanften Methode zu behandeln, ist herausfordernd, weil Regenerationszeit fehlt.Ich glaube aber, die Zeit kommt, in der wir mehr Ruhezeit sehen werden – und Pferde als weise Wesen betrachten, nicht als Sportgerät. Ethisch hat sich da viel verändert. Ich sage: Wenn nach dem Reiten die Faszien „verkleben“, passt etwas nicht.
RUBI:Total. Du hast in der Folge auch auf Dr. Sue Dyson verwiesen – das „Pain Face“ bzw. das Ridden Horse Pain Ethogram (RHpE). Ein großartiges Tool: Schon beim Satteln oder über Mimik – Nüstern, Augen, Gesicht – kannst du erkennen, ob ein Pferd Schmerzen hat. Das einzugestehen ist nicht leicht. Mein Pferd hatte lange „Stressaugen“. Erst nach einem Stallwechsel – alles verändert – waren sie weg. Das einzugestehen, war heftig.
LIZA:Und es ist okay. Pferde sind in unserem Leben, um uns viel zu lehren. Wir machen Fehler – wichtig ist, dass wir lernen und vergeben.
RUBI:Du warst gerade in New Orleans beim Faszienkongress. Erzähl kurz!
LIZA:Es war großartig: rund 600 Teilnehmer:innen, vier Tage. Der Fokus: das autonome Nervensystem. Dr. Stephen Porges (Polyvagal-Theorie) war der letzte Keynote-Speaker. Gil Hedley hat den Vagusnerv seziert (Video/Film). Alles greift ineinander: Polyvagal-Theorie, Stimme, Mimik – wie wir Sicherheit für uns und unsere Tiere schaffen. Tiere reagieren darauf: „Du bist sicher – ich muss nicht für dich Angst haben.“
RUBI:Ich liebe die Parallelen zur klassischen östlich-asiatischen Medizin: Das deckt sich unglaublich schön – und ist auch wissenschaftlich spannend.Wie kann man aktuell bei dir lernen?
LIZA:Nächstes Jahr wird einiges anders. Sam und ich werden viele Podcasts machen, außerdem ein Subscription-Modell auf unserer Website, mit Videos und Kursen – damit möglichst viele lernen können. Am besten die Website im Blick behalten.
RUBI:Perfekt – der Link steht in den Shownotes.Was ist dir beim Lehren besonders wichtig?
LIZA:Dass der Mensch – ob Therapeut:in oder Besitzer:in – in sich ankommt: im eigenen Körper, im eigenen Nervensystem. Erst wenn wir uns sicher fühlen und Tools haben, diese Sicherheit zu halten, können sich unsere Tiere sicher fühlen.Du kannst die tollste Technik machen – wenn du gestresst bist, funktioniert es nicht. Tiere versuchen dann oft, uns zu heilen. Besser ist Herz-zu-Herz-Kontakt und Safe Touch – darüber kann das Gehirn runterfahren.Aus der Forschung (z. B. Robert Schleip) wissen wir: Man kann Mensch oder Tier an einer Stelle berühren – tief, aber nicht hart, langsam –, und das beruhigt den Vagusnerv und den ganzen Körper. Es ist eigentlich „einfach“ – aber nur, wenn wir okay sind.
RUBI:Das vermittelst du großartig. Und es passt auch zur Akupressur: Ein Punkt kann eine ganze Session sein.Gab es für dich einen Schlüsselmoment?
LIZA:Nicht einen einzelnen. Je mehr ich mich selbst in den Fokus nehme, heile und bei mir bleibe, desto weniger muss ich tun. Dann ist es leicht – mein Kopf ist still, ich habe weniger Erwartungen, tue nicht „mehr“ – und das hat großen Effekt.
RUBI:Für die Hörerinnen: Was können Pferdebesitzerinnen im Alltag tun, um das Fasziennetz gesund zu halten? Und woran merkt man, dass ein Kurs bei dir sinnvoll wäre?
LIZA:Wenn du das Gefühl hast, dein Pferd hat Schmerzen oder bewegt sich nicht wie es sollte – trotz Training – und kompensiert, dann lohnt sich ein genauer Blick.Als simple Basics (die ich gern auch im Podcast mit Videos zeigen würde): Fühlen, Temperatur vergleichen (ist es warm/kalt?), auf Reaktion achten. Das macht schon einen großen Unterschied.Narbenarbeit ist wichtig – sanft und früh beginnen. Bei meinem Ansatz kannst du direkt nach kleinen Eingriffen ganz vorsichtig arbeiten: täglich eine Minute kann reichen. Mein Erfahrungswert: Es macht sichtbar etwas. Auch später hilft es – nur oft nicht mehr ganz so leicht wie früh.Viele Pferde „schmelzen“ förmlich, wenn du richtig liegst – dann weißt du, dass du an der richtigen Stelle bist.Außerdem: Bauch nicht vergessen! Bauch und Rücken gehören zusammen. Wenn beides verspannt ist, funktioniert keine auf den Rücken fokussierte Maßnahme langfristig. Tägliche, sanfte Bauchmassage – auch um den Bauchnabel herum – macht einen riesigen Unterschied.Und: Vertraue deiner Intuition. Du kennst dein Pferd am besten. Wenn sich etwas nicht gut anfühlt, darfst du Nein sagen oder abbrechen – ob im Training oder in der Körperarbeit.
RUBI:So schön. Normalerweise gebe ich am Ende noch ein Schlusswort – heute nicht. Du hast den Punkt getroffen: Mit dem Tempo deines Pferdes. Mit deinem Tempo.Liza, vielen Dank, dass du da warst. Ich hoffe, das war nicht das letzte Interview mit dir.
LIZA:Sehr gern. Danke dir!
RUBI:Wir hören uns in zwei Wochen – alles Liebe!
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